Mit einem Innovation Hub die Zukunft gestalten!

Es klingt verführerisch einfach: Schaffung einer angenehmen, die Kreativität fördernden Arbeitsatmosphäre, Mitarbeiter zusammenbringen und schon steht die nächste Innovation. Dass die Schaffung und das erfolgreiche Betreiben eines Innovation Hub deutlich komplexer sind, zeigt regelmäßig die Realität. Hier werden Labs und Hubs, in der Außendarstellung die Aushängeschilder und Leuchttürme der Zukunftsorientierung eines Unternehmens, entweder wieder geschlossen oder sie arbeiten erfolglos ohne Struktur, Ziel und Richtung. 

Mit Vollgas Richtung Zukunft

Um im Wettlauf Richtung Zukunft nicht den Anschluss zu verlieren, haben bereits viele große Unternehmen eines oder mehrere Innovation Labs aufgebaut. Beispiele sind die T-Labs der Telekom, das Daimler Fleetboard Innovation Hub oder das SAP Innovation Center Network. Eine Studie der HTW Berlin (2018)[1]zeigt jedoch auf, dass von den Top 1000 der deutschen Unternehmen, die anhand des Umsatzes und der Mitarbeiteranzahl sowie der Position an der Börse identifiziert wurden, über 600 keine gezielten Innovationsaktivitäten betreiben, einige Big Player dagegen gleich mehrere. Unter den genannten Aktivitäten befanden sich zu diesem Zeitpunkt 142 Innovation Hubs. Drängende Fragen, die sich dabei stellen: Wieso nicht mehr? Wieso überhaupt ein Innovation Hub? Und was ist daran eigentlich so schwierig? 

Sinn und Zweck des Innovation Hub

Wer über die Zukunft des eigenen Unternehmens nachdenkt, der wird nach kurzer Zeit oder Google-Suche unweigerlich auf Begriffe wie New Work, Agilität und Digitalisierung stoßen. Es sind Disruptionen, die unmittelbar bevorstehen – durch zunehmende Vernetzung und künstliche Intelligenz, durch einen Wandel in der Sicht auf die Arbeit durch diejenigen, die sie ausführen und durch den enormen Wettbewerbsdruck, den viele Unternehmen nicht unbegründet verspüren. Erfolgreich sein und vor allem bleiben kann nur, wer sich Anpassung und Flexibilität als Unternehmenscredo auferlegt. Den meisten Unternehmen fehlt es jedoch an einer tragfähigen kurz- sowie langfristigen Zukunftsvision. Die eigene F&E-Abteilung kann Produkte und Prozesse verbessern, diese allerdings nicht „neu denken“ – zu sehr ist sie in der Konzernstruktur und Unternehmenskultur gefangen. Als Möglichkeiten, wirkliche Innovation zu erzeugen, bleiben somit entweder der Einkauf neuer Ideen durch externe Expertise, beispielsweise in Form von Startups, oder der Aufbau eines eigenen Innovation Hubs. Die erstgenannte Möglichkeit kann funktionieren, bringt allerdings selbst einige Probleme mit sich, die bereits (in einem Fachartikel) angeschnitten wurden. Der Aufbau eines Innovation Hub ist ebenfalls kein einfacher Weg, der allerdings zu bewältigen ist, wenn potenzielle Herausforderungen proaktiv angegangen werden. 

In drei Schritten zum Erfolg

Allem voran steht die Schaffung einer passenden Infrastruktur. Die Nutzung bereits vorhandener Räumlichkeiten ist der am wenigsten kostenintensive Weg, allerdings müssen diese oftmals angepasst werden, um ein erfolgreiches und kreatives Arbeiten im Team zu ermöglichen. Sind keine solchen vorhanden, besteht die Möglichkeit, diese anzumieten, zu kaufen oder neu aufzubauen, was allerdings meist erhebliche Kosten verursacht und Zeit beansprucht. Eine gute Alternative diesbezüglich stellen Co-Working-Spaces dar, die es mittlerweile in fast jeder größeren Stadt gibt. Hier können Räumlichkeiten, die bereits an die Anforderungen angepasst sind, wochen- oder monatsweise angemietet werden. Wichtig bei der Schaffung der Infrastruktur ist zudem die gewünschte Ausstattung. Hierbei gibt es viel Spielraum und wenige dogmatisch festgelegte Regeln: Post-its und Flipchart, Whiteboard, beschreibbare Wände – jedes Unternehmen kann hier selbst entscheiden und sollte dabei mehrere Möglichkeiten erwägen, da nicht jeder Mensch unter denselben Bedingungen sein optimales Potenzial entfalten kann. Damit sich die Mitarbeiter eines Hubs wirklich von eingefahrenen Denkmustern und Strukturen lösen können und potenzielle Zukunftslösungen nicht vom „business-as-usual“ unterminiert werden, ist eine räumliche Trennung zum Mutterkonzern empfehlenswert.

Der nachfolgende Prozessschritt, die Zusammenstellung des Teams, wird oft unterschätzt und nicht systematisch umgesetzt. Zum einen ist hierbei relevant, dass interne Mitarbeiter mit externen Experten aus verschiedenen Fachgebieten zusammenkommen. Die daraus resultierende Diversität sorgt für fachübergreifenden Austausch und ermöglicht verschiedene Perspektiven auf die jeweilige Problemstellung. Eine Illustration verdeutlicht, worin das Problem eines zu homogenen Teams besteht: Wenn Sie zehn Schmiede an ein Problem setzen, wird es jeder mit dem Hammer bearbeiten. Zehn Informatiker würden ein Programm schreiben, zehn Ingenieure entwickeln ein funktionsfähiges Produkt, ohne den Menschen mit seinen Bedürfnissen vorher zu betrachten. Daher bedarf es Heterogenität und Diskussion. Wie in jeder guten Organisation sollten den einzelnen Individuen, die im Hub miteinander arbeiten, zudem Rollen wie Projektmanager, Kommunikationsleiter, Netzwerk-Verantwortlicher zugeteilt werden. Dies wird oftmals vergessen, manchmal auch bewusst, da es auf den ersten Blick die Freiheitsgrade der einzelnen Mitarbeiter einengt. In Wirklichkeit ermöglichen Rollenverteilungen und Zielsetzungen aber erst agiles und kreatives Arbeiten ohne völliges Chaos und mit Ergebnissen. Die Ziele können sowohl materieller als auch immaterieller Natur sein und müssen dabei nicht immer wirtschaftlichen Outcomes entsprechen. Auch die Aktivierung von Unternehmertum als Teil der Unternehmenskultur oder die Definition eines Leitbildes für die Zukunft können als Meilensteine dienen. 

Im dritten Schritt wird das Innovation Hub nachhaltig für die Zukunft aufgestellt. Dazu ist der zielgerichtete Aufbau von Prozessen und Strukturen notwendig, beispielsweise, um die Kommunikation mit der Muttergesellschaft aufrechtzuerhalten und Zielvorstellungen aktualisieren zu können. Auch muss von dieser eine langfristige Unterstützung gewährleistet sein, sowohl finanzieller Art als auch bezüglich der Nutzung von Infrastruktur und den Kanälen, die das Unternehmen besitzt (beispielsweise Kundenbeziehungen, um MVPs austesten zu können).

Geduld und der "American Way"

Wenngleich Amerika in der hiesigen Wahrnehmung zuletzt immer wieder negativ auffällt, so ist die Einstellung der Amerikaner im Geschäftsleben doch noch immer bemerkenswert: sie haben keine Angst zu scheitern, sie provozieren es regelrecht. Diese Fehlerkultur gilt es, in deutschen Unternehmen und Köpfen ebenfalls zu fördern, denn ohne Fehler entsteht kein Fortschritt. Ein Innovation Hub lebt unter anderem auch davon, dass eine hohe Fehlertoleranz besteht. Die begangenen Fehler werden analysiert und leiten künftige Handlungs- und Verhaltensweisen. In iterativen Schleifen werden Projekte immer wieder überarbeitet, bis sie marktreif sind – oder aufgegeben werden können, da sie ins Leere laufen. Das bedarf nicht nur großer Spielräume, die dem Hub gewährleistet werden müssen, sondern auch einer Menge Geduld. Wie in Hollywood jeder Blockbuster viele gescheiterte Filme refinanziert, so wird auch jede gelungene Ausgründung aus dem Hub für viele gescheiterte Projekte entschädigen. Man könnte es folgendermaßen visualisieren: Ein Innovation Hub ist wie eine gigantische Kuppel, unter der viele kleine Gewächshäuser stehen. Auch bei systematischer Pflege werden nicht alle Pflanzen in jedem der Gewächshäuser ihr Potenzial entfalten können. Manche gehen ein oder müssen schweren Herzens entfernt werden. Einige aber wachsen und wachsen, bis selbst die Kuppel kaum noch groß genug ist, sie zu beherbergen. Diese werden in ein neues Umfeld umgesetzt, um sich dort zu bewähren. 

Nicht jede Idee oder Innovation, die im Hub entsteht, kann dem Unternehmen weiterhelfen oder als Basis für ein Corporate Startup stehen und viele werden scheitern. Wer bereit ist, im vollen Bewusstsein dessen dennoch diesen Weg zu gehen, beweist Unternehmergeist und Zukunftsorientierung. Wer es nicht tut, droht die Zukunft zu verpassen – ohne dies zu bemerken, bevor es zu spät ist. 

 

Co-Autoren: Robert Bauer, Christian Wewezow

Quellen:

Bild: pixabay/jarmoluk

[1] https://www.ifaf-berlin.de/fileadmin/docs/Projekte__Dokumente_und_Bilder_/TransBo/Innovationsaktivitaeten_Top-1000_Deutschland_IFAF-Projekt_TransBo.pdf

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