CORPORATE ENTREPRENEURSHIP - DIE ANTWORT AUF DEN FACHKRÄFTEMANGEL?

Der Fachkräftemangel wird Unternehmen in Zukunft noch stärker herausfordern als bisher. Unternehmen müssen daher neue Ansätze nutzen, um zukünftig Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Die Entwicklung von Mitarbeitenden zu „Mitunternehmenden“ (in der Theorie auch „Intrapreneurship“ genannt) ist ein möglicher Transformationsansatz.

Aktuell finden Mitarbeiterbeteiligungen im Mittelstand noch zu wenig Aufmerksamkeit und werden nur von wenigen (kulturell) innovativen Konzernen, Mittelständlern und Start-ups angewendet. Bei Start-ups werden Mitarbeiterbeteiligungen hingegen bereits längst gezielt eingesetzt. Ein Grund dafür ist, dass es für junge Unternehmen einfacher ist, Fachkräfte am Unternehmen zu beteiligen, da es u. a. weder gefestigte Strukturen noch eine etablierte Kultur im Unternehmen gibt. Doch wie können auch traditionelle Familien- und Mittelstandsunternehmen Mitarbeiterbeteiligungen gewinnbringend in ihrem Personal- und Innovationsmanagement nutzen?

Welche Formen von Mitarbeiterbeteiligungen gibt es?

In der Theorie gibt es „virtuelle“ und „tatsächliche“ Mitarbeiterbeteiligungen. „Virtuelle“ Beteiligungen können dabei „vereinfacht ausgedrückt“ auch als Erfolgsbeteiligung verstanden werden. Bei Start-ups kommt dies oft bei einem sog. „build-to-sell Modell“ vor, wo die Beschäftigten am Erlös des Exits, also dem Verkauf des Unternehmens, beteiligt werden. Im Mittelstand kann alternativ auf ein Incentivierungssystem gesetzt werden, bei dem zum festen Gehalt auch Boni gezahlt werden, und somit die Mitarbeitenden am Unternehmenserfolg partizipieren. Über die individuellen bzw. Leistungen des Teams werden die Mitarbeitenden somit zu „Mitunternehmenden“ bzw. „Intrapreneuren“. Unter „tatsächlichen“ Beteiligungen werden dagegen Kapitalbeteiligungen der Mitarbeitenden (=Gesellschafter) am Unternehmen verstanden. Beschäftigte halten dann beispielsweise Geschäftsanteile am Unternehmen selbst oder an einem neu gegründeten Spin-Off.

Bei der Ausgründung einer neuen Idee, zum Beispiel in Form eines Spin-offs, können qualifizierte Fachkräfte die Möglichkeit erhalten, die Idee mithilfe ihres Fachwissens sowie ihrer Branchenkompetenz voranzutreiben und Verantwortung im Unternehmen zu übernehmen. Dabei eignen sich sowohl virtuelle als auch tatsächliche Beteiligungen, um aus Mitarbeitenden „Intrapreneure“ zu machen. Ausgründungen aus dem Mittelstand genießen zudem ähnliche Vorteile gegenüber etablierten Unternehmen wie Start-ups. Denn die Förderung von Mitunternehmertum im Sinne eines „Corporate Entrepreneurships“ erlaubt es, eine Unternehmenskultur zu formen, die von der Belegschaft selbst kreiert und getragen wird. Folglich kann die Identifikation mit dem Unternehmen gesteigert, Fachkräfte langfristig an das Unternehmen gebunden und die Arbeitgebermarke gestärkt werden.

Wie die ICONTEC GmbH erfolgreich „Corporate Entrepreneurship“ umgesetzt hat

Die ICONTEC GmbH mit Sitz in Ilmenau hat bereits einen eigenen „Corporate Entrepreneurship“-Ansatz erfolgreich entwickelt und umgesetzt, um einerseits qualifizierte Fachkräfte langfristig zu binden und zu gewinnen und andererseits die eigene Unternehmenskultur nachhaltig zu transformieren. Die auf SAP und Non-SAP spezialisierte Technologieberatung ist als Ausgründung

im Zuge einer Unternehmensnachfolge entstanden und berät große Familienunternehmen und Konzerne bei der digitalen Transformation.

Bei der Gründung des Unternehmens war es ein zentrales Anliegen, das Verantwortungsbewusstsein und Engagement der Mitarbeitenden gleich von Beginn an zu stärken. Dazu wurden umfassende strategische und auch operative Entscheidungen in der „Gemeinschaft“ getroffen, wie die Gestaltung des Unternehmensleitbildes, der Vision und Organisationsstruktur (nach „kollektiven“ Prinzipien).

Die Einführung von regelmäßigen Strategie- und Teamworkshops sowie Einzel- und Gruppen-Coaching-Sessions erlaubte es der Unternehmensführung, den Fokus auf die Stärken der Teams und der Individuen zu legen. Hierzu wurde ein „erweiterter Führungskreis“ um dem „Kreis der Gesellschafter“ gebildet, die sich als „primus inter pares“ verstehen. Durch die offene und transparente Führungs-, Informations- und Entscheidungskultur sowie den flachen Hierarchien werden bei der ICONTEC wichtige Optionen und Maßnahmen im Team getroffen. So erhalten letztlich Beschlüsse die Akzeptanz, die sie in der Belegschaft benötigen, um im Anschluss konsequent umgesetzt werden zu können. Jeder Mitarbeitende und jedes Mitglied des Führungsteams, ob Gesellschafter oder Mitglied des erweiterten Führungskreises übernehmen die Verantwortung für den Prozess und das Ergebnis ihrer Umsetzung. Die Einhaltung des Prinzips der Selbstverwaltung und -verantwortung erzeugt eine enorme positive Energie und Verbindlichkeit im Unternehmen, um Projekte, Maßnahmen und Initiativen in einer definierten Zeit und einer gewünschten Qualität umzusetzen.

Die Beteiligung einzelner Führungskräfte als Gesellschafter haben eine völlig neue Unternehmens- und Führungskultur bei der ICONTEC geschaffen. Die Teams des Ilmenauer Unternehmens bringen sich proaktiv in Entscheidungsprozesse ein und signalisieren der Unternehmensführung die Bereitschaft, Verantwortung konsequent zu übernehmen. So ist beispielsweise die Corporate Identity ohne persönliches Zutun des geschäftsführenden Gesellschafters Nils Büchner entstanden. Diese und andere Möglichkeiten sich direkt an der Entstehung des neuen Unternehmens und seiner Weiterentwicklung teilzunehmen, haben zu einer hohen Mitarbeitermotivation und Identifikation in der ICONTEC geführt. Zudem machen die flachen Hierarchien und transparenten Entscheidungswege das Unternehmen zu einem attraktiven Arbeitgeber für junge Fachkräfte in der Region.

Am Beispiel der Firma ICONTEC wird sichtbar, welche möglichen Faktoren beachtet werden sollten, um Mitarbeitende zu Mitunternehmenden zu machen. Diese (kulturelle) Transformation gelingt nur, wenn die Ausgangslage und Rahmenbedingungen für die Beteiligung richtig verstanden, gesetzt und berücksichtigt wurden.

EIN UNKONVENTIONELLER WEG ZUR BEGEGNUNG DES FACHKRÄFTEMANGELS 

Erfahrungsgemäß fordert der Fachkräftemangel in Deutschland besonders von dem Mittelstand und den Familienunternehmen viel Kreativität und Offenheit ab, auch neue Wege zu identifizieren und zuzulassen. Anlässe wie die Förderung einer neuen Idee, die Veränderung der Führungs- und Innovationskultur oder die Unternehmensausgründung eignen sich besonders gut, um Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, nicht nur Verantwortung zu übernehmen, sondern auch zum „Intrapreneur“ zu werden. Die Beteiligung von Mitarbeitenden am Unternehmen, besonders im Rahmen von Ausgründungen, ist ein solch neuer Weg, die Unternehmenskultur zu transformieren und die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Nur wenn Unternehmen in Zukunft auch bereit sind, unkonventionellere Wege der Mitarbeitergewinnung und -bindung zu beschreiten, können sie den Wandel aktiv gestalten. 

Sven Neumann

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